Wie viel ist heute noch professionelle Fotografie wert?
Setzen wir einmal nachfolgende Prämissen voraus: Jahrelange Ausbildung, eine hervorragende und kostenintensive Ausrüstung, viel Erfahrung und Talent, ein gutes Auge, Geduld für den richtigen Sonnenstand...
Da war ich also in Stralsund, Weltkulturerbestätte fotografieren. Und wie es der Zufall will, kommt mir auch ein historisches, liebevoll saniertes, romantisches Hotel vor die Linse, in dem ich sogar schon einmal übernachtet hatte...
Ich schaue mir also ein wieder gerade einmal ins Haus geflattertes Werbeangebot des Hotels an und stelle fest: Hoppla, mein Motiv ist ja besser als alles, was die an Bildern haben. Viel besser!
Hotel: "Vielen Dank für Ihre E-Mail – und vor allem für die schöne Außenaufnahme unseres Hauses.Wie uns bereits zahlreiche Fotografen bestätigten, ist es gar nicht so einfach, die drei Fassaden der zum Hotel gehörenden Gebäude „ins rechte Licht“ zu rücken. Ihnen ist dies wirklich gut gelungen. Wir würden Ihr Angebot gern annehmen und zukünftig auch diese Aufnahme für die Darstellung unseres Hauses frei von Rechten in Drucksachen bzw. im Internet verwenden.
Natürlich ist es möglich, auf Wunsch Ihren Namen als Fotografen zu nennen. Es wäre großartig, wenn Sie mir das Foto in höherer Auflösung zusenden könnten."
Das klingt gut und viel versprechend. Das ist viel süsser Honig um meinen Mund geschmiert. Und nicht zu knapp, denke ich mir beschwingt – und schicke als Antwort meine Konditionen zur nonexklusiven, zeitlich-räumlich uneingeschränkten Nutzung in allen Medien zum wirklichen Dumpingpreis. Hey, es ist immerhin das Key-Visual des Hotels, die weltweite Visitenkarte des Hotels. Der Aufmacher...
Darauf hin erhielt ich dann die Antwort des Hotels:
"Vielen Dank für Ihre E-Mail und die Information zu den Nutzungsbedingungen für Ihr Foto. Wir haben uns dazu besprochen und letztendlich entschieden, dann doch davon Abstand zu nehmen. Wir sind zunächst von einer kostenfreien Nutzungsmöglichkeit ausgegangen. Zudem fand im Herbst gerade ein größeres Fotoshooting in unserem Haus statt."
Es stellt sich mir dann doch spontan die Frage, wie es kommt, dass man im Hotel erst einmal glaubt, ein angebotenes Motiv wäre umsonst. Kostenfrei. Für umsonst. Auf lau?
Sind die Werbeangebote eines Hotels denn zunächst auch kostenfrei? Bedeutet die Möglichkeit zur Lizenzierung mittlerweile, man kann sich schadlos frei halten? Fotografie hat einen Wert. Die Währung ist vielleicht individuell und im Auge seines/Ihres Betrachters. Aber zunächst einmal davon auszugehen, dass die Kosten hierfür gleich null und der Nutzen dafür größer null ist, das ist ignorant.
Ich könnte als Fotograf ob dieser Praxis und Nicht-Wertschätzung schnell ins Lamentieren geraten. Oder mich einfach ärgern. Aber ich möchte lieber etwas Werbung machen: Das Hotel ist wirklich große Klasse, es hat tolle Atmosphäre, wunderschöne Zimmer, ein hervorragendes Restaurant, ein prima Spa, es besitzt sogar eine eigene Kaffeerösterei! Aber leider hat man dort keinen guten Stil.
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